sofort in den raum verliebt

Bühnen- und Kostümbildnerin Moni Gora über Sartres der teufel und der liebe gott und die Zwölf-Apostel-Kirche als Bühnenraum

Von Frühjahr bis Sommer ist die Hildesheimer Zwölf-Apostel-Kirche Schauplatz einer besonderen tfn-Schauspiel-Produktion. Das Stück der teufel und der liebe gott, geschrieben 1951 von Jean-Paul Sartre, passt perfekt zu diesem architektonisch eindrucksvollen Ort: Die Zwölf-Apostel-Kirche, erbaut in den 1960er Jahren, scheint geradezu noch den Geist der Mitte des 20. Jahrhunderts zu atmen. Es ist schwer, sich der beeindruckenden Atmosphäre und Ästhetik dieses Kirchenraums zu entziehen. So erging es auch der Bühnen- und Kostümbildnerin von der teufel und der liebe gott, Moni Gora - wie sie im Gespräch mit Dramaturgin Cornelia Pook berichtet.

↗ Was interessiert dich an dem Schauspiel der teufel und der liebe gott?
Es ist spannend, wie die ewigen Fragen der Menschheit - »Gibt es Gott?«, »Was ist gut und böse?«, »Was ist der Mensch? Und was bestimmt sein Handeln?« - von einem Existenzialisten wie Sartre anhand einer historischen Parabel untersucht werden. Das schafft eine andere Sicht auf diese Themen.

↗ Das Stück spielt im 16. Jahrhundert, zur Zeit des Bauernkriegs. Was erzählt es uns, deiner Meinung nach, heute?
Dass sich menschliches Verhalten, Handeln und menschliche Bedürfnisse nicht ändern und sich die Menschheitsgeschichte in ihren Eigenarten zyklisch immer wiederholt. Damit hätte die Menschheit eigentlich die Möglichkeit, aus der Geschichte zu lernen, was aber leider nicht passiert. Das Stück bietet sich an, unsere Rolle als einzelner Mensch an sich und als Gemeinschaft zu hinterfragen, um Möglichkeiten und Lösungen für ein friedliches und möglichst gerechtes Zusammenleben zu finden.

↗ Bei uns spielt das Stück in der Hildesheimer Zwölf-Apostel-Kirche. Als du den Innenraum der Kirche, der ja dein zu gestaltender Bühnenraum werden sollte, zum ersten Mal gesehen hast: Was war dein Eindruck?
Ich war tief beeindruckt und habe mich sofort in den Raum verliebt. Das ist eine sehr besondere Kirche mit einer sehr, sehr außergewöhnlichen Architektur.

↗ Der Kirchenraum ist eine starke ästhetische Setzung. Hast du schonmal ein Bühnenbild für einen Kirchenraum gemacht und: Ist das eher Herausforderung oder Chance?
Ich habe schon öfter Bühnenräume in Kirchen gestaltet und empfinde es immer als besondere Chance, in einem Raum zu arbeiten, der nicht der Illusionsraum eines Theaters ist, sondern eine eigene Kraft und eigene Gesetzmäßigkeiten besitzt.

↗ Was hast du dir zusätzlich zu dem, was durch den Raum vorgegeben ist, für das Bühnenbild dieser Produktion überlegt - und wie kam es zu der Idee?
Ich versuche immer, die Gesetzmäßigkeiten des Raumes zu »erspüren« und sie in die Handlung und Aussagen des Stückes einfließen zu lassen. Unser Hauptgestaltungselement sind mehrere »Schilde«, die sich in den Kirchenraum integrieren, aber auch als eigene Objekte formiert bzw. von den Schauspieler_innen szenisch genutzt werden können. Die Idee dazu kam durch das Wandrelief der Kirche.

Bei der Uraufführung 1951 hat das Stück vier Stunden gedauert, für die Produktion waren 100 Techniker im Einsatz. In der Zwölf-Apostel-Kirche sind die technischen Möglichkeiten sehr begrenzt. Wie gehst du damit um?
In unserer gekürzten Fassung werden die wesentlichen Punkte klar herausgestellt. Wir wollen einen sehr intensiven Theaterabend in diesem besonderen Raum schaffen, der in überschaubarer Zeit große Themen gut nachvollziehbar und spannend verhandelt.